Sonntag, 17. Juli 2011

Sicherheit für Biker Todesfallen entschärft

Sammlerstück: Motorrad auf dem Munich Harley Festival.155 Streckenwarte fahren in Hessen regelmäßig Autobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen ab und prüfen sie auf Schäden. Dabei lernen sie die Motorrad-Perspektive kennen.
 
Sammlerstück: Motorrad auf dem Munich Harley Festival.
Foto: dpa

Mit Bitumen geflickte Straßen sind wahre Fallen: „Bei Nässe ist das wie schwarzes Glatteis“, sagt Rainer Fuhrmann vom Frankfurter Motorradclub Winkelmesser. Gefährlich seien am Straßenrand verrostende Stahlgestelle („War wohl mal ein Schutz für Ablaufrinnen“), defekte Bankette, Splitt, Schlaglöcher – oder ein Streugutkasten mitten in der Kurve.
„Ein Motorradfahrer liest die Straße anders als ein Autofahrer“, sagt Willi Donath von der hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung. Dort gibt es jetzt eine spezielle Arbeitsgruppe Biker, die den Blick der Mitarbeiter für die Bedürfnisse der motorisierten Zweiradfahrer schärfen soll. Zum Auftakt gab es im Vogelsberg eine eintägige Pilot-Qualifizierung für sechs Streckenwarte: Theorie im Biker-Treff Falltorhaus, Praxis am Laubacher Wald und am Schottenring. Dort ist auch Donaths Motorradclub zu Hause.
Weniger Unfälle
Motorradfahren ist nicht mehr so stark im Trend: Für das vergangene Jahr verzeichnet das Amt für Statistik in Hessen 11904 Neuzulassungen, im Jahr 2004 waren es noch 19300.
Zurückgegangen sind auch die Unfallzahlen: Im Jahr 2010 gab es laut hessischer Statistik 3263 Unfälle mit Mofas, Krads und Motorrädern, bei denen Menschen verletzt wurden. Sechs Jahre davor waren es 3808.
Sicherheitstraining für Fahrer bietet nicht nur der ADAC an, sondern auch diverse Motorradclubs. Ein Beispiel ist der MSC Winkelmesser - Frankfurt. Auf seinem Programm stehen Grund- und Aufbaukurse für ambitionierte Biker, außerdem Training-on-the-Road oder ein Ladies Day.
Weitere Informationen online unter www.winkelmesser-frankfurt.de oder www.adac.de jur
„Ich fahre selbst“, sagt er. Wie die meisten Mitglieder in der Arbeitsgruppe. Eine gute Voraussetzung, um das Thema Motorradsicherheit in der Wiesbadener Behörde voranzutreiben. Und, was ihm besonders wichtig ist, die Biker im Gespräch davon zu überzeugen, dass die Kollegen nicht untätig sind oder böswillig Tempolimits aufstellen. Manchmal fehle einfach das Geld, um Straßenschäden flott zu beheben.
Das Kontrollnetz ist engmaschig: 155 Streckenwarte fahren in Hessen regelmäßig Autobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen ab und prüfen sie auf Schäden. Sie sollen möglichst alle die Sicht aus dem Helm kennenlernen. Ihre Weiterqualifizierung ist nicht der einzige Schritt, mit dem das Amt die Sicherheit der Biker erhöhen will. Zu der zweiten „wesentlichen Maßnahme“ gehört – auch in Zusammenarbeit mit dem ADAC – das Anbringen von Unterfahrschutz an speziell gefährdeten Kurven. Christine Bauer vom Automobilclub sagt, worum es geht: Bei einem Sturz kann der Fahrer mit einem derart hohem Tempo unter der Leitplanke durchrutschen, dass ihm Gliedmaßen oder Kopf vom Pfosten abgerissen werden. Der Unterfahrschutz schließt die Lücke zwischen Boden und Planke und könne so schwere oder gar tödliche Verletzungen verhindern.
359 Kurven an beliebten Motorradstrecken in Hessen hat die Straßenverkehrsbehörde seit dem Jahr 2000 mit Unterfahrschutz ausgestattet – insgesamt 21 Kilometer Straße. Hinzu kamen in diesem Jahr weitere 1,25 Kilometer, die der ADAC mitfinanziert hatte: Zehn besonders kurvenreiche Strecken im Odenwald, Taunus und Lahn-Dill-Kreis wurden im Mai und Juni mit Unterfahrschutz ausgerüstet, informiert die Sprecherin der Behörde, Christa Tserdakidou: „Damit sind nahezu alle kritischen Kurvenbereiche, in denen in den letzten Jahren Unfälle mit Motorradfahren aufgetreten sind, mit der Sicherheitsvorrichtung ausgestattet.“
Eine Investition, die sich nach Berechnungen der Beteiligten rechnet. Jeweils 40000 Euro ließen das Land Hessen und der ADAC dafür springen. Den volkswirtschaftlichen Schaden, den potenzielle Motorradunfälle in den zehn Kurven verursachen würden, beziffern sie mit 6,5 Millionen Euro.
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