2011 gab es so viele Unfälle wie seit fünf Jahren nicht – Polizei setzt auf Prävention
Wie
anderswo in Deutschland ist auch im Taunus die Zahl der Verkehrsunfälle
im vorigen Jahr angestiegen. Mehr als in den Vorjahren gingen Hektik,
Unerfahrenheit und Drogen zuweilen eine gefährliche Symbiose ein.
Von Anke Hillebrecht
Hochtaunus.
Von
4503 im Jahr 2007 ist die Zahl der Verkehrsunfälle im Hochtaunuskreis
kontinuierlich gestiegen – auf 4664 im vergangenen Jahr.
Immer mehr Menschen drängt es, vor allem im Auto, auf die Straßen. Die
Anforderungen an die Fahrer werden höher, und man ist immer öfter in
Eile – das könnte, kurz gefasst, die Erklärung dafür sein, dass im Jahr
2011 im Hochtaunuskreis die Unfallzahlen in fast allen Bereichen
angestiegen sind. Insgesamt passierten hier 4664 Unfälle, das sind 2,7
Prozent mehr als 2010 (4542). Die Unfälle auf Autobahnen sind nicht
berücksichtigt.
Stiegen bundesweit auch die Zahlen der Getöteten an, so blieb zumindest
diese Zahl im Taunus konstant: Wie im Jahr zuvor starben hier sieben
Personen nach einem Verkehrsunfall. Vier davon waren Fußgänger, von
denen drei über 65 Jahre alt waren. In früheren Jahren hatte es mehr als
doppelt so viele Verkehrstote im Kreis gegeben. Erfreut ist man bei
Polizei und Kreis, dass es am Feldberg keinen tödlich Verletzten gab.
"Unser runder Tisch trägt Früchte", so Landrat Ulrich Krebs (CDU).
Verunglückte Motorradfahrer gab es aber: 141 im Taunus (2010: 135), 26
am Feldberg (17). Gefährlichste Stelle ist nach wie vor die Große Kurve
auf der Kanonenstraße.
Insgesamt hat die Polizei im vorigen Jahr 905 Verletzte verzeichnen
müssen, 118 mehr als 2010. Vor allem bei den Leichtverletzten – also
Leuten, die nach ambulanter Behandlung heimgehen konnten – ist hier ein
großer Sprung um 111 auf 775 Verletzte zu sehen. Zuvor waren die
jährlichen Verkehrsopferzahlen stetig gesunken.
Mehr Berauschte am Steuer
Dass die Straßen voller geworden sind, ist nur ein Teil der Erklärungen,
die Kriminaldirektor Gerhard Budecker und Chef-Unfallanalytiker Thomas
Dietrich für den Anstieg der Zahlen haben. Vielleicht habe auch der im
Vergleich zu 2010 relativ milde Winter Schuld, in dem die Menschen ihr
Auto nicht wie bei Schnee stehen ließen, aber dennoch Nässe und Glätte
ihnen das Leben schwer machten.
Erschreckend ist, dass zwölf Prozent mehr berauschte Menschen (vor allem
junge) am Steuer saßen – und nicht alle werden erwischt. 348 (+40)
alkoholisierte Fahrer wurden aus dem Verkehr gezogen, bei 112 (+7) waren
in Unfälle verwickelt. Drogen hatten 104 (+38) Fahrer genommen; bei 9
(+6) ging dies alles andere als glimpflich aus.
Ebenfalls erschreckend: "Jeder Dritte haut ab", wie es Dietrich flapsig
ausdrückt. Denn auch die Zahl der Unfallfluchten ist mit 1549 höher als
zuvor. Bis zu 150 weniger gab es jeweils in den fünf Jahren zuvor. 40
Prozent werden immerhin doch aufgeklärt. Meist gehe es "nur" um kleine
Dinge wie Kratzer, indes: "Die Schäden sind sehr schnell sehr hoch", so
Dietrich.
Und warum krachte es meistens? In fast der Hälfte der Fälle (47 Prozent)
konnten sich die Beteiligten nicht einigen, wer Vorfahrt hatte. Hier
gab es einen enormen Anstieg um gut zehn Prozent. Beim Rückwärtsfahren
passiert ein Viertel der Unfälle. "Vielleicht muss man mal darüber
nachdenken, wie groß die neuen Autos sind und wie gut man hinten
rausgucken kann", so Budecker. Fehlender Abstand oder zu schnelles
Fahren sind weitere Ursachen.
Schaut man auf die 89 (2010: 79) verunglückten Fußgänger, so waren diese
vor allem unter 10 oder über 65 Jahre alt. 140 (2010: 127) Radfahrer
wurden verletzt, 35 (2010: 23) davon schwer. Hervor sticht die Gruppe
der 11- bis 14-Jährigen; "die sind neu auf der Straße", so Dietrich. Die
Beamten betonen, dass sie bei der Verkehrserziehung immer mehr Kinder
träfen, die sich beim Radeln ungeschickt anstellten – eine Folge von
Bewegungsmangel. "Da sind die Eltern gefragt – gerade auch beim Einüben
des Schulweges", ergänzt der Landrat.
Wild nutzt Straße auch
Einzig Wildunfälle gab es 2011 weniger, nämlich 482 (2010: 522), vor
allem im Usinger Land. Dass der Rückgang ein Erfolg des vor einem Jahr
zwischen Usingen und Merzhausen gespritzten "Duftzauns" ist, will
Dietrich noch nicht bestätigen. Fakt ist: Man kann Wildschweine nicht
davon abhalten, über die Straße zu rennen – auch nicht mit dem Wildzaun.
"Sie graben sich durch", erläutert der Analytiker – was für den Verkehr
noch hinderlicher sei. Deshalb gebe es auch auf der Saalburg keinen
Zaun.
(ahi)
gebloggt von fnp.de